Hörgeräte und Altersheime


Defensive Sektoren versprechen langfristiges Wachstum
AIterspyramiden lassen sich mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit einige Jahrzehnte im Voraus berechnen. Schaut man sich jene für die Zeit nach 2030 in Europa an, Ist von einer Pyramide aber nichts mehr zu sehen: Die Spitze wird immer breiter, der Anteil der Menschen, die älter als 60, 80 oder gar 100 Jahre alt sind, wird rasant zunehmen.

Für Georg Thilenius, Vermögensverwalter aus Stuttgart und Geschäftsführer der Thilenius Management GmbH, ist es daher ratsam, sich die Konsequenzen aus der Entwicklung der Altersstruktur für die Geldanlage zunutze zu machen. Er rechnet zwar in naher Zukunft mit einer wirtschaftlichen Stabilisierung, für einen neuen Boom der Weltwirtschaft sieht er jedoch vorerst keine Anzeichen. „Die Bankbranche hat sich selbst verstümmelt und wird die Volkswirtschaften künftig nicht mehr so günstig mit Krediten versorgen können wie vor der Krise”, sagt Thilenius. „Die schlechteren Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Verbraucher werden das wirtschaftliche Wachstum in den nächsten Jahren zunächst einmal hemmen, die Gewinnmargen der Unternehmen werden niedriger sein als früher und die Aktienkurse mithin nicht mehr so deutlich steigen.”

Daher setzt Thilenius bei der langfristigen Geldanlage auf jene Werte, die keines starken Konjunkturaufschwungs bedürfen, um erfolgreich wirtschaften zu können. „Die Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern bringt Unternehmen hervor, die unabhängig vom Konjunkturzyklus ein Gewinnwachstum von 10 bis 15 Prozent im Jahr erzielen”, sagt Thitenius. Als seine Favoriten nennt der Vermögensverwalter Sonova und Orpea. Das schweizerische Unternehmen Sonova ist einer der größten Hörgerätehersteller der Welt. „Das ist ein enger Markt mit weltweit nur sechs relevanten Herstellern, der zudem hohe Markteintrittsbarrieren hat”, sagt Thilenius. ,,Sonova ist ein familiengeführtes mittelgroßes Unternehmen mit genügend Flexibilität, um weiter expandieren zu können.” Der Börsenwert von Sonova beträgt derzeit gut 3,3 Milliarden Euro.

Der zweite Favorit von Thilenius, die französische Orpea, ist ein Betreiber von Altersheimen. „Das Unternehmen wird noch vom Gründer geführt und ist Marktführer in Frankreich”, sagt Thilenius. Der Markt für Altersheime dort sei sehr viel freier und unternehmerischer als in Deutschland, was einer gedeihlichen Unternehmensentwicklung sehr entgegen komme.

Ebenfalls weitgehend konjunkturunabhängige langfristige Wachstumsperspektiven sieht Thilenius bei Unternehmen der Arzneimittelbranche. Seine Favoriten hier sind Gilead Sciences und Virbac. „Die amerikanische Gilead Sciences hat immer wieder innovative Medikamente hervorgebracht und dabei stets sehr rentabel gearbeitet”, sagt Thilenus. Neben einigen Aids-Medikamenten verfüge das Unternehmen über den Impfstoff Tamiflu, der gegen die Vogelgrippe und nun auch gegen die Schweinegrippe zum Einsatz kommt. „In Zeiten eines weltweit regen Flugverkehrs werden sich leider immer wieder Krankheiten schnell über den Globus verbreiten, wovon Gilead Sciences mit seinen Produkten profitiert”, sagt Thilenius.

Die französische Virbac hat es dem Vermögensverwalter angetan, da sie über einige Arzneimittel und Impfstoffe für Tiere verfügt. „Angesichts der steigenden Bedeutung von Fleisch für die Ernährung in Schwellenländern sehe ich hier ein großes Wachstumspotenzial, sagt Thilenius. ,,Virbac ist eines der wenigen selbständigen Unternehmen abseits der großen Konglomerate.”

Außerhalb der Industrieländer erwartet Thilenius für einige Mobilfunkgesellschaften in Schwellenländern überdurchschnittliche, weitgehend konjunkturunabhängige Wachstumsraten. Seine Favoriten sind China Mobile, die in Brasilien sehr aktive mexikanische America Movil und die afrikanische MTN. „Die Mobilfunkmärkte dort sind noch bei weitem nicht so entwickelt wie bei uns, und die Zahlungsbereitschaft für das Statussymbol Handy ist hoch”, sagt Thilenius. In Deutschland sieht Thilenius derzeit keine Aktiengesellschaft, in der erfolgreich weitgehend unabhängig vom Konjunkturzyklus Geld angelegt werden kann: „Der Gesundheitskonzern Fresenius ist mittlerweile so groß, dass darunter die unternehmerische Flexibilität leidet, der Generikahersteller Stada wird durch die Sparbemühungen im Gesundheitswesen beeinträchtigt, und der Krankenhausbetreiber Rhön-Klinikum hängt zu sehr von staatlichem Wohlwollen ab.”

Generell sieht Thilenius die Perspektiven für den Aktienmarkt zwar zunächst positiv. Denn wichtige Indikatoren wie zum Beispiel die steigenden Preise für Kupfer und Öl seit dem Jahresanfang deuteten auf eine konjunkturelle Wende hin; außerdem sei eine expansive Geldpolitik bislang noch nie ohne Wirkung geblieben. Der Zyklus werde aber wie der nur höchstens drei Jahre laufen, bis die nächste Blase platze. „Konjunktur unabhängige Werte schneiden über solche Zyklen hinweg besser ab”, sagt Thilenius. (Autor: DANIEL MOHR)

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