Geld anlegen mit Aktien-ETFs


Börsengehandelte Indexfonds (ETFs) boomen seit Jahren, werden jedoch auch kritisch diskutiert. Warum sie sich dennoch als langfristiges Investment eignen und wie Anleger vorgehen können.

Börsengehandelte Indexfonds, genannt Exchange Traded Funds oder kurz ETFs, werden bei Anlegern immer beliebter. Die Produkte bilden die Wertentwicklung eines Börsenindex ab wie zum Beispiel des Deutschen Aktien Index (Dax). Es sind also meist passive Investmentprodukte, während die Manager der klassischen Fonds versuchen, die Wertentwicklung eines Index durch aktive Anlageentscheidungen zu übertreffen. Deshalb sind die Verwaltungsgebühren der ETFs deutlich geringer als die der aktiv gemanagten Fonds. Zudem fällt beim ETF-Kauf kein Ausgabeaufschlag an, da Investoren sie über die Börse erwerben und nicht über die Kapitalverwaltungsgesellschaft wie die aktiven Fonds.

Kritische Diskussion um das Boomprodukt

Nach den Statistiken der Ratingagentur Morningstar lag das weltweite Vermögen in sämtlichen Investmentfonds Ende März bei 37,8 Billionen US-Dollar. Etwa 3,7 Billionen US-Dollar oder 9,9 Prozent davon waren in ETFs investiert. Im Monatsbericht Oktober 2018 der Deutschen Bundesbank heißt es: "ETFs weisen in den vergangenen Jahren sehr dynamische Wachstumsraten auf und sind damit an den Finanzmärkten zunehmend von Relevanz." So vereinigten die ETFs Anfang 2009 nur 0,7 Billionen US-Dollar oder 5,4 Prozent am ausstehenden Vermögen aller Investmentfonds auf sich.

Doch das Boomprodukt wird auch kritisch diskutiert. Die Deutsche Bundesbank etwa kommt in der Analyse zu dem Ergebnis, dass ETFs "besonders turbulente Phasen an den Finanzmärkten durchaus kurzfristig verstärken können". Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) äußert sich auf Nachfrage, es sei "theoretisch denkbar, dass ETFs trendverstärkend wirken können. Allerdings ist die Diskussion, ob dies auch praktisch der Fall ist, unter Aufsehern und in der Wissenschaft noch nicht abgeschlossen." Einigkeit bestehe darin, dass die Mechanismen der ETF-Auflage und des ETF-Handels "noch stärker durchdrungen werden sollten".

In der Krise drohen eventuell schärfere Rückgänge

Der unabhängige Vermögensverwalter Gerd Häcker sieht den Boom eher kritisch. "Alle Besitzer eines ETF haben das gleiche Portfolio und werden in der nächsten Krise die gleichen Aktien verkaufen. Das kann zu schärferen Kursrückgängen führen", sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung in München. Zudem erwerbe der Anleger mit einem ETF auch Wertpapiere, in die er sonst nicht investieren würde. Und es befänden sich viele Unternehmen nur wegen ihres hohen Börsenwerts in den Indizes – das sei ein prozyklisches Anlageverhalten.

Für Ali Masarwah von Morningstar haben ETFs die Eigenschaften eines Langfrist-Investments, denn sie besäßen eine stabile Anlageaufteilung, seien günstig und handelten wenig. "Die Warnung vor Systemrisiken ist ein typisches Argument aktiver Fondsmanager", sagt er. Angehenden ETF-Investoren rät er, zunächst darüber nachzudenken, wie lange sie ihr Geld anlegen wollen und wie hoch ihr Aktienanteil am Vermögen sein kann: "Eine Faustregel lautet 100 minus Lebensalter ist gleich Aktienquote." Der Interessent sollte nun über die Allokation innerhalb des Aktienanteils nachdenken und erst danach ein Produkt suchen.

Ältere Handwerker sollten ­andere Prioritäten setzen

Der unabhängige Vermögensverwalter Georg Thilenius befürwortet ETFs auf Aktienindizes: "Wenn man an den Aktienmärkten teilhaben und breit gestreut investieren möchte, ist das eine gute Sache." Allerdings erreiche der ETF-Investor nur die Rendite der Märkte und schlage diese nicht. Der geschäftsführende Gesellschafter der Vermögensverwaltung Dr. Thilenius Management in Stuttgart rät jungen Handwerkern, Vermögen aufzubauen über ETF-Aktiensparpläne in Zukunftsbranchen wie etwa Technologie und Gesundheit. 45- bis 60-Jährige hingegen sollten konservativer investieren (siehe Kasten). Andere Bedürfnisse habe der 70-jährige Meister, der seinen Betrieb verkaufen wolle. Thilenius: "Er will sein Ruhestandseinkommen sichern. Hier empfiehlt sich nach Absprache mit einem Spezialisten eine Einmalanlage in große Dividenden-ETFs."

Den Index möglichst ­nachbilden

Der Vermögensverwalter würde möglichst nur in einen ETF investieren, der seinen Index direkt nachbildet. Im Fachjargon heißt das physische Replikation – der ETF kauft also alle Wertpapiere des Index. Das Gegenteil wäre die indirekte oder synthetische Abbildung. Hier investiert der Fonds in Vermögensgegenstände, die keine oder nur eine geringe Verbindung zum jeweiligen Index haben, und schließt parallel ein Tauschgeschäft mit einer Bank ab. Thilenius: "Wenn es an der Börse mal knallen sollte, kommen die synthetisch abbildenden ETFs am ehesten unter Druck."

Anlagetipps nach Altersgruppen

ETF-Anlage für 25-Jährige
Der unabhängige Vermögensverwalter Georg Thilenius rät jüngeren Anlegern zu Aktien-ETF-Sparplänen. Wer wenig Geld übrig hat, sollte über einen ETF auf den Index Nasdaq 100 in US-Technologieaktien investieren und über den Stoxx Europe 600 Health Care in europäische Gesundheitstitel. Bei mehr Kapital kann der Anleger zudem via Tec Dax deutsche Technologieaktien kaufen, über den ­Stoxx Europe 600 Food & Beverage europäische Nahrungsmittel- und Getränke-Hersteller und über den S&P Healthcare sowie den S&P Information Technology US-Gesundheits- beziehungsweise IT-Aktien. Um vom Wachstum in asiatischen Schwellenländern zu profitieren, empfiehlt Thilenius einen ETF auf den MSCI Emerging Markets Asia.

ETF-Anlage für 45- bis 60-Jährige
45- bis 60-jährige Handwerker sollten Thilenius zufolge ihr für Aktien-ETF zur Verfügung stehendes Kapital auf breite Indizes streuen, um mögliche Verluste gering zu halten. Das gilt umso mehr, je älter sie sind. Der unabhängige Vermögensverwalter rät zu ETFs auf den MSCI World, den MSCI USA und den Stoxx Europe 600. „Da die ETFs ein hohes Volumen haben sollten, empfehle ich Produkte bekannter Emittenten wie Blackrock, Lyxor und Deka", sagt er. Der Anleger kann seinem Portfolio Gesundheits- und Nahrungsmittel-ETFs beimischen. Erstere bieten Wachstumschancen und Letztere schwanken wenig. Beispiele sind ETFs auf die Indizes Stoxx Europe 600 Health Care, S&P Healthcare und Stoxx Europe 600 Food & Beverage.ca

 

Text: Christina Anastassiou



 

 

 


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