SAP versus Servicenow - Sollten Anleger Ex-SAP-Chef Bill McDermott zu Servicenow folgen?


Unter der Führung von Bill McDermott ist SAP mit einer Marktkapitalisierung von rund 150 Milliarden Euro mit großem Abstand zum wertvollsten deutschen Unternehmen herangewachsen. Die nächstplatzierten Dax-Konzerne sind Linde mit 100 Milliarden Euro Marktkapitalisierung gefolgt vom Siemens (99) und Allianz (91).

SAP hat unter seiner Führung im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von 24,7 Milliarden Euro und einen Reingewinn von 5,7 Milliarden Euro erzielt. Der Gewinn pro Aktie ist in den vergangenen 5 Jahren um 5,8 Prozent jährlich gestiegen. Bei diesen Ergebnissen war es sicher eine gute Entscheidung für Anleger, der SAP-Aktie die Treue zu halten. Besonders angesichts des sehr großen Abstands zu den Folgeplätzen bei der Marktkapitalisierung.

Kürzlich hat Bill McDermott SAP verlassen und bei der amerikanischen Software-Firma Servicenow angeheuert. Servicenow produziert Software für den elektronischen Handel. Wer sich die Wachstumsraten des kürzlichen Black Friday und des Cyber Monday angesehen hat, sieht, dass hier wohl noch auf Jahre hinaus erhebliches Wachstumspotenzial schlummert.

Der traditionelle Einzelhandel tut sich rings um die Welt schwer, während der Onlinehandel in den Industrieländern mit zweistelligen Prozentzahlen wächst. Servicenow ist allerdings wesentlich kleiner als SAP. Der Umsatz beträgt 3,2 Milliarden Dollar, der Reingewinn 35 Millionen. Die Marktkapitalisierung liegt bei 52 Milliarden Dollar, grob gerechnet etwa ein Drittel von SAP.

Dafür hat Servicenow allerdings beachtliche Wachstumsraten vorzuweisen. Der Gewinn pro Aktie ist in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um 22 Prozent gestiegen, die Umsätze analog sogar um 43 Prozent. Die Aktie ist 2019 bis Anfang Dezember um knapp 56 Prozent geklettert. Für dieses Jahr wird ein Zuwachs im Gewinn pro Aktie von 78 Prozent erwartet; für die nächsten fünf Jahre knapp 30 Prozent im Jahresschnitt.

Derartig dynamisches Wachstum hat natürlich seinen Preis. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den geschätzten Gewinn der kommenden 12 Monate liegt bei 66. Das vergleicht sich mit 22 bei SAP. Servicenow hat damit eine sehr viel höhere Dynamik als SAP. Dementsprechend höher ist auch das Risiko: Im Falle einer nicht nur vorübergehenden Wirtschaftsschwäche, die gar nicht erst eine Rezession sein muss, könnte sich das KGV von SAP vielleicht um ein Drittel ermäßigen.

Bei Servicenow dürften die Dinge anders liegen. Falls eine länger anhaltende Wachstumsabschwächung, die auch hier keine Rezession sein muss, eintritt, kann das KGV von 67 sehr schnell auf ein KGV von etwa 20 sinken. Das würde bedeuten, dass die Aktie, die jetzt bei etwa 280 US-Dollar steht, dann auf 80 fallen könnte.

Soll man als Aktienanleger nun dem sehr bewährten und charismatischen Unternehmenslenker Bill McDermott von SAP zu Servicenow folgen?

Im Falle eines anderen sehr prominenten Führungswechsels hätte sich das durchaus gelohnt: Wer die Aktie von Fresenius nach dem Weggang von Ulf Mark Schneider verkauft und statt dessen die Nestlé-Aktie gekauft hat, dürfte dies nicht bereut haben. Fresenius ist seither deutlich gefallen, während Nestlé allein dieses Jahr 29 Prozent zugelegt hat. Schneider ist damals allerdings von einem für deutsche Verhältnisse großen, aber international gesehen nur mittelgroßen, in ein auch international gesehen sehr großes Unternehmen gewechselt.

Anleger, die Ulf Mark Schneider zu Nestlé folgten, profitierten

Bei Bill McDermott ist es umgekehrt. Nur ist eben das kleinere Unternehmen wesentlich dynamischer als das große vorher. Wer an die langfristig dynamische Entwicklung des Online-Handels, die starke Stellung von Servicenow in diesem Geschäft und die überzeugende Managementleistung von Bill McDermott glaubt und zum höheren Risiko bereit ist, kann nach unserer Meinung durchaus den Tausch erwägen. Da die konjunkturellen Ampeln, besonders in USA, derzeit alle auf grün stehen, dürfte es auch von der Marktentwicklung in überschaubarer Zeit günstig sein. Doch Vorsicht: Ob Servicenow so wie SAP auf Jahrzehnte hinaus eine erstklassige Wachstumsaktie bleiben wird, ist überhaupt nicht ausgemacht.

© manager magazin 2019

 



 

 

 


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